Am 25. Januar 2022 wurde vom Gemeinderat im Karlsruher Rathaus einstimmig beschlossen, eine Straße nach dem großen jüdischen Gelehrten, Oberlandrabbiner von Baden-Durlach und Baden-Baden, Natanel Weil (1687 - 1769), zu benennen. Es ist geplant, dass diese Straße in einem derzeit neu entstehenden Wohngebiet sein wird, ganz in der Nähe des historischen jüdischen Friedhofs, auf dem Natanel Weil beerdigt ist.
Rabbiner Natanel Weil (Natanel ben Naftali Zvi Weil) wurde 1687 in Stühlingen geboren und stammt aus einer alten Rabbinerfamilie in Deutschland. Sein Großvater Moses Meir (auch Maharam) Weil, kam 1672 in die fürstenbergische Stadt Stühlingen. Natanel betrieb auf Wunsch der Mutter Talmudstudien und wurde mit zehn Jahren auf die seinerzeit bedeutende Talmudhochschule nach Fürth geschickt. Von dort ging er nach Prag zu dem bekannten Rabbiner Abraham Brod. Nach der Vertreibung der Juden aus Prag und Böhmen durch Edikt der Kaiserin Maria Theresia 1744 in der Folge des Österreichischen Erbfolgekrieges (1740-1748) , bekam er dank seines Ansehens unter den gelehrten Juden 1745 die Stelle des Landesrabbiners in der Ritterschaft Neckar-Schwarzwald und lebte dazu in Mühringen (heute Stadtteil von Horb am Neckar). 1750 wurde er zunächst auf drei Jahre zum Oberlandrabbiner in Baden (Landesrabbiner für die Markgrafschaften Baden-Durlach und Baden-Baden) nach Karlsruhe berufen. Diese Stellung nahm er bis zu seinem Tod ein, der ihn 1769 während einer
Versammlung jüdischer Gemeinden der Markgrafschaft Baden-Baden ereilte. Sein Leichnam wurde von frommen Juden von Baden-Baden nach Karlsruhe getragen – ohne abzusetzen.
Natanel Weil wurde nach einem Konflikt der Landjudenschaften Baden-Baden und Baden-Durlach um den Begräbnisort auf dem ersten Jüdischen Friedhof in Karlsruhe am heutigen Mendelssohnplatz beerdigt. 1898 wurde der gesamte Friedhof mit dem Grab von Natanel Weil vom Mendelsohnplatz in die Kriegsstraße verlegt. Dieses ist heute besonders an seinem Todestag, mit dem inzwischen ersetzten Grabstein, Ziel zahlreicher frommer jüdischer Besucher aus aller Welt.
In Karlsruhe hatte Natanel Weil sein bedeutendstes Werk über Textvarianten des Talmudkommentars von Ascher ben Jechiel, den "Korban Netanel", vollendet. Die 1755 in Karlsruhe veröffentlichte Studie begründete eine lange Tradition hebräischer Drucke aus Karlsruhe. Sein Sohn, Hirsch Weil, veröffentlichte postum weitere seiner Werke.
Sowohl die Jüdische Kultusgemeinde als auch der Bürgerverein Oststadt, auf deren Gebiet die zu benennende Straße liegt, haben die geplante Benennung begrüßt.

Der Text des Straßen- und Zusatzschildes lautet:
                                                   Natanel Weil
                                                  1687 - 1769
Rabbiner für die oberen Landesteile der beiden Markgrafschaften Baden-Durlach und Baden-Baden, Verfasser des Talmudkommentars Korban.

Während der Gemeinderatssitzung haben sich Gemeinderäte aus allen politischen Fraktionen zu Wort gemeldet und sich zu diesem Beschluss mit warmen Worten gegenüber der Jüdischen Gemeinde geäußert. Nachdem alle Stimmen abgegeben wurden und das Ergebnis einstimmig war, sind alle Räte sowie der Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup aufgestanden und haben applaudiert. Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup begrüßte vom Präsidiumstisch aus dann noch persönlich die kleine Delegation der Jüdischen Kultusgemeinde Karlsruhe, die auf der Empore im Saal Platz genommen hatte.

Sein Gruß richtete sich ausdrücklich auch an Rabbiner Babaev und Frau Rosenberg.
Leider waren bedingt durch die Pandemie nur wenige Personen zugelassen. Zur Delegation gehörten Rabbiner Boris Baruch Babaev, Dr. Yves André Bara und die Vorsitzende der JKG Solange Rosenberg.

Solange Rosenberg
Vorsitzende der JKG Karlsruhe